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Hitzepanik statt Sommerloch

Hitzepanik statt Sommerloch

Nach Corona geriert sich der Staat abermals als ungefragter Beschützer der Bürger — nun wird das, was man früher als „Sommer“ bezeichnete, zu einer bedrohlichen Hitzewelle hochgejazzt.

Ich finde es bisweilen höchst erstaunlich, mit welcher Vehemenz Menschen Meinungen vertreten und verfechten können, vor allem dann, wenn sie im Grunde sehr genau wissen, dass es sich dabei um absoluten Blödsinn handelt. Und plötzlich wollen sie ebenso absolut nichts mehr davon wissen — aber nicht, weil sich ihre Meinung geändert hätte, lediglich das Thema hat sich, wie man wohl so sagt, „verlagert“.

Was ist zum Beispiel aus all den manischen Straßenpredigern geworden, die vor drei Jahren geißelschwingend durch die „Sozialen Medien“ gezogen sind und in jedes erreichbare Kästchen „Stay the fuck home!“ und „Flatten the curve!“ hineingebellt haben? Die vor zwei Jahren kein Einkaufszentrum und keine Trambahn betreten konnten, ohne zu hyperventilieren und in Schreikrämpfe zu verfallen, wenn irgendwo am hinteren Ende des anderes Triebwagens oder der übernächsten Ladenzeile ein Mensch ohne Staubfilter im Gesicht sichtbar wurde, und die sich sogar noch letztes Jahr mit flammendem Herzen oder wenigstens Herzbeutel in eines dieser „Zentren“ geschleppt haben, um eine dritte oder vierte oder vielleicht sogar fünfte Kommunion per Spritze zu erhalten?

Wo sind die hin? Haben sie — nachdem der „Cerberus“ ein höllenhundmäßiger Schuss in den Ofen war — die Suche nach „Mutanten“ doch wieder auf das Genre Science-Fiction-Heftroman verlagert? Oder hat seit November 2022 irgendjemand etwas über neue teuflische Varianten gehört, bei denen es nicht um Abwandlungen der Heizungszwangserlässe vom Hofe der grünen Lobbyfürsten ging?

Lebt Dr. Drosten überhaupt noch? Antwortet er auf verzweifelte Gebete seiner Jünger, er möge doch endlich mal wieder einen seiner biblischen Schwurbel-Podcasts raushauen, um ihren Glauben zu festigen? Oder fragen die gar nicht mehr, sondern haben sein Heiligenbild auf dem Kaminsims verschämt umgedreht, um doch mal wieder die querdenkerische Verwandtschaft einladen zu können?

Ich frage mich das wirklich, fast ganz ohne Häme: Wie geht man mit einem solchen Reinfall um? Glaubt oder hofft man ganz einfach, dass von den vielen Zeitgenossen, denen man den absoluten Blödsinn zwei bis drei Jahre lang um die Ohren gehauen hat, die man provoziert, dressiert, malträtiert, diffamiert und ruiniert hat, dass von denen kein Einziger ein Gedächtnis besitzt, das über die Namen seiner nächsten Angehörigen und den eigenen Geburtstag hinausreicht? Hofft man, dass Dinge, von denen man nicht mehr spricht, dadurch einfach so aus der Welt verschwinden, hokus pokus abrakadabra, dreimal schwarzer Kater, aus den Augen, aus dem Sinn, simsalabim?

Anscheinend ist das so. Offenbar ist im Hirn des Menschen ein Mechanismus eingebaut, der noch effektiver wirkt als das entsprechende Organ zum Beispiel bei der Katze. Wenn die unbedacht oder versehentlich einen Haufen auf den Wohnzimmerteppich setzt, ist sie sehr verwundert: Was stinkt denn da so? Wo kommt das denn her? Dann scharrt sie notdürftig ein bisschen herum, bemerkt das Fehlen des dazu notwendigen Scharrmaterials, klappt eventuell ein Eck vom Teppich über die Bescherung und macht sich eilends vom Acker, weil zwar das Gedächtnis nicht, die Vorahnung übler Folgen aber doch noch einigermaßen funktioniert.

Der Mensch hingegen, wenn man ihn auf das Sammelsurium von Stinkhaufen hinweist, die er in jüngerer Vergangenheit in die Welt gesetzt hat, der reagiert empört: Was soll da sein? Da ist doch nichts! Das sind alles Hirngespinste, follow the science!

Zum Beispiel erinnere ich mich an den Sommer, in dem ich die siebte Klasse eines wohlbekannten Giesinger Gymnasiums besuchte. Ich erinnere mich vor allem deswegen daran, weil der Besuch in dieser Zeit ungewöhnlich schmal ausfiel: Von kurz vor Pfingsten bis zu den Sommerferien ertönte so gut wie jeden Tag aus der frisch installierten Sprechanlage rechts oben über der Tafel die freundliche Stimme einer Direktoratssekretärin, die unter donnerndem Jubel der gesamten Anstalt verkündete: „Heute ab elf Uhr hitzefrei!“

Den Rest des Tages verbrachten wir im Schyrenbad oder Michaelibad oder an und in der Isar, flitzten mit aufgemotzten Knatterfahrrädern durch die Gegend, kugelten in graugelb verbrannten Wiesen herum, hüpften auch mal in den damals noch mit gefährlichen Mühlen bewaffneten Auer Mühlbach und pumpten in der Pfarrgärtnerei eimerweise kaltes Wasser, mit dem wir uns gegenseitig überschütteten, bis der unwirsche Gärtner die Sumpflandschaft entdeckte und uns davonjagte.

Gelernt — im Sinne einer damals zum Glück noch völlig unbekannten „Pisa“-Bildung — haben wir nicht viel. In manchen Fächern wurden wohl die Noten aus dem Zwischenzeugnis ins Jahreszeugnis übernommen, weil so gut wie kein Unterricht mehr stattfand.

Einmal nahte ein Gewitter heran; da stürmte das ganze Viertel auf die Straße und tanzte wie entfesselt einen Freudentanz, als die ersten Tropfen aufs Pflaster klatschten und sofort wieder verdampften. Es blieben auch die letzten Tropfen; am nächsten Tag war wieder hitzefrei, und als es in einer einzigen Nacht dann doch wie aus Pfarrgärtnereikübeln schüttete, änderte das auch nichts: Wahrscheinlich hatten sämtliche Lehrer längst andere Termine vereinbart, und sowieso verwandelte sich das Schulhaus tags darauf schon in der zweiten Stunde in die gewohnte Sauna, diesmal noch mit Dampf dazu.

Was mir damals nicht auffiel, war, dass in keiner Schlag- und Titelzeile der in jenen Tagen bisweilen noch halbwegs seriösen Zeitungen vom Wetter auch nur die Rede war. Die erste Sensationsmeldung, die wenigstens entfernt mit Wetter zu tun hatte und an die ich mich erinnern kann, erschien am 30. April 1986 in der Abendzeitung und lautete „Atom-Wolke!“, mit dem Zusatz „Wetteramt: Nur der Wind entscheidet über Gefahr!“. Dass es ein Wetteramt überhaupt gab, wusste ich zuvor nicht. Wir dachten, das macht man mit einem Thermometer, zwei Augen und ein bisserl Bauchgefühl.

Heute vergeht kein Tag ohne glutrote, flammgelbe Wetterkarten im Fernsehen, ohne „extreme Gewitterwarnung“ in der Wetter-App, ohne brüllende Beschwörungen von „Hitze-Hammer“, „Blitz-Dürre“, „Höllenfeuer“, „Hagelwalze“ und „Todesdonner“ in den Zeitungen, die dazu verkünden: „38 Grad!“

Dass es sich dabei um die aus „Pandemie“-Zeiten bekannten sogenannten Modellierungen handelt, also um Milchmädchen-Wolkenkuckucksheim-Spekulationen, von denen wie gewohnt keine Einzige auch nur annähernd eintrifft, erweist der Blick aufs Thermometer, das nicht etwa die versprochenen 38, sondern lediglich fade 27 Grad anzeigt.

Das notorische Robert Koch-Institut klappert neuerdings und wie erwartet mit einem Dashboard der „Hitzemortalität“ mit im Chor der panischen Heuler, findet die gefürchteten „Hitzetoten“ aber dann irgendwie doch nicht, und muss mal wieder „umdefinieren“, wie man das bei Corona schon so eifrig wie dreist geübt hat, assistiert vom Gates-finanzierten Doppeldrosten Hirschhausen, dessen Standardphrase „größte Gesundheitsgefahr, auf die wir uns in diesem Jahrhundert vorbereiten müssen!“ auf Corona wie Hitze und notfalls auch auf Mücken, Russen, zu enge Unterhosen und die irdische Plattentektonik passt.

Alles hechelt, hitzt und hetzt, und wenn es dann doch mal regnet, vermeldet der Staatsfunk unverdrossen „umgestürzte Bäume“ und „abgedeckte Dächer“, „Starkregen“ — der 1976 noch „Wolkenbruch“ hieß —, „große Hagelkörner“, „Orkanböen“ und „Sturmböen“ an ungewissen Orten; „Einsatzkräfte“ seien unterwegs, die Feuerwehr „im Dauereinsatz“. Gegen das mörderische Klima, na klar. Unwillkürlich fantasiert man dazu, wie Truppen der Bundeswehrmacht durch die Straßen patrouillieren und die Leichen der Hitze- und Unwettertoten aufsammeln, um sie nach Bergamo zu karren. Man möchte sich festkleben am Radioempfänger: Deutschland ist im Klimakrieg, und jeder ist Soldat!

Und dabei rollt doch gleichzeitig die mit Milliarden Steuereuros aus Deutschland gesponserte „Gegenoffensive“ der Ukraine, auf die Waffenindustrie, NATO-Führer und Medien seit Weihnachten so ungeduldig hufescharrend gewartet haben, dass sie sich kaum noch einkriegen konnten vor Vorfreude auf noch mehr Börsenkurssprudel.

Seit den ersten „Erfolgen“, die sich als billige Lügenpropaganda erwiesen, hört man davon kaum noch ein Wort. Die ukrainischen und russischen Soldaten, die dort im Osten sterben müssen, weil der Westen es so verlangt, kümmern offenbar niemanden mehr, während man sich in Diskussionen über „Hitzeschutz“, „Hitze-Lockdown“, „Hitzetod“ und die „Hitzehölle“ die Köpfe noch heißer plappert, als sie sowieso schon sind.

Nach „Infektionsschutz“ und „Klimaschutz“ ist das — mindestens — die dritte „Schutz“-Kampagne der jüngeren Zeit, und wieder ist das Vokabular militärisch und der Tenor der bekannte: Der Mensch ist in dieser Welt ohne Schutz nicht überlebensfähig und rettungslos verloren. Man muss ihm befehlen, muss ihn zwingen und erziehen, muss ihm gleich nach der Geburt mindestens dreißig Spritzen mit innovativen Produkten in den Leib pumpen, auf dass er geschützt sei vor der feindlichen Natur.

General Lallerbach schwärmt von 5.000 „Hitzetoten“, verstärkt die Front und bereitet die Gegenoffensive vor, während das schlotternde Volk auf den erlösenden Impfstoff wartet und frenetisch „Schutz!“ fordert — von seinen Führern, die umgehend die entsprechenden Pflichten, Zwänge, Vorschriften und Verbote liefern.

Seit dem Entzug seiner Bürgerrechte im Frühjahr 2020 scheint sich der deutsche Mensch komplett mit dem neuen Gesellschaftsmodell Schützen-Führen-Zwingen-Erziehen abgefunden zu haben. Ganz neu ist das zwar nicht: Schon kurz vor der Einverleibung der DDR konnte man auf Transparenten Sprüche lesen wie „Helmut, nimm uns bei der Hand, führ uns ins Wirtschaftswunderland!“. Deren Träger waren aber immerhin noch so emanzipativ beseelt, dass sie bald einsahen, wie man sie in die Pfanne gehauen hatte, und den großen Westschwindler mit Eiern bombardierten.

Heute regt sich nichts mehr. „Alle reden übers Wetter. Wir nicht!“, hieß es einst in einer Reklame der deutschen Bundesbahn, deren Slogan pfiffige Linksradikale übernahmen und mit den Porträts von Marx, Engels und Lenin illustrierten.

Heute reden alle übers Wetter, und wenn es irgendwo noch einen pfiffigen Linksradikalen gibt, ist das sicherlich ein als rechts „gerahmter“ Querdenker, der — begünstigt durch den Zustand der aus dem Volkseigentum herausgeraubten Rudimentärbahn — seinen Zug verpasst hat.

Alle Übrigen vertreten vehement die Meinung, sie lebten in einer Demokratie, die es gegen solche meinungsfreiheitlichen Unterwanderungen zu verteidigen gelte. Schaut man genauer hin, funktioniert diese Demokratie so: Es gibt gewisse „Sachzwänge“ und „alternativlose“ Ziele, die man als „solidarische“ Volksgemeinschaft anzustreben und dafür auf sämtliche eigenen Interessen, Ansprüche, Wünsche und Bedürfnisse zu verzichten hat. Wer einen dazu zwingt, ist egal. Deshalb ist das auch das Einzige, wo man noch eine Wahl hat: Man darf sich alle paar Jahre aussuchen, welchen von zwei oder drei identischen, von denselben Machtblöcken und Konzernkomplexen gesteuerten „Führer“ man ankreuzt.

Früher hieß die Demokratie, die auch damals schon keine war, repräsentativ. Das bedeutete, dass man Personen wählte und abordnete, die einen dann im Parlament repräsentierten und im Idealfall im Interesse ihrer Wähler Gesetze machten, die die Regierung umzusetzen hatte.

Das heutige Regime, in dem eine von Parteien im Auftrag der Machtblöcke gebildete Regierung Gesetze macht, im Parlament absegnen lässt — oder einfach per Ministerpräsidentenrunde durchdrückt — und den Menschen gegen ihre Interessen aufzwingt, heißt lustigerweise immer noch „repräsentativ“. Es ist aber imperativ. Der Befehl kommt von oben und ergeht an jeden Einzelnen: Achtung! Der Hitzetod droht! Du musst sofort eine neue Heizung einbauen, um „vulnerable Gruppen“ zu schützen!

Es ist verständlich, dass man sich schämt, solche Figuren selbst gewählt zu haben, und dass man so ein entwürdigendes Wahltheater nicht mehr mitmachen will. Das mag die traditionell schwachen Wahlergebnisse der Grünen in Ostdeutschland erklären: Auf eine SED in Pflanzenform — um den führenden Faktenverchecker des deutschen Staatsfunks zu zitieren —, verkörpert durch schwäbische Mittelschicht-Maoisten und BlackRock-Lobbyisten, hat man dort verständlicherweise wenig Lust.

Wie man diesen ganzen Wahnsinn vielleicht doch noch abstellen könnte, bevor es richtig knallt, weiß ich leider auch nicht. Der frische Nordost- beziehungsweise Nordwestwind, der seit Monaten durch Mitteleuropa bläst und für Abkühlung sorgen möchte, fällt im Trubel der Hitzigkeiten offenbar nur denen auf, die ihre Tage nicht in klimatisierten Beton- und Blechkisten in restlos versiegelten und verdichteten Innenstädten zubringen müssen, sondern nach alter Tradition an der Isar liegen und sich auch von den neuerdings an jeden noch so kleinen Wasserfall gepflasterten Schildern nicht entmutigen lassen: „Lebensgefahr! Baden verboten!“

Habe ich schon erwähnt, dass inmitten von Lallerbachs mörderischer „Welle“ derzeit mindestens 755 Millionen „abgelaufene“ Corona-Masken verbrannt werden? Wird dieser grenzwertig absurde Vorgang möglicherweise dazu führen, dass die deutsche Hysterie einen Kipp-Punkt erreicht und in ihr Gegenteil, eine wenigstens rudimentäre Form von Vernunft, umschlägt? Ich fürchte, da hofft man vergeblich.

Die Masse kriegt davon ja sowieso nichts mit, weil sie derweil auf verstopften Autobahnen und in überlaufenen Flughäfen herumirrt, um möglichst schnell weit in den Süden zu kommen und sich ein bisserl, ähem, aufzuwärmen.

Und wenn spätestens im Oktober alle wieder daheim sind, geht’s dann wieder los mit diesen Variantenerkältungen, wie heißen die noch gleich?


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